März 24

Remembering Community

Remembering Community

Aufstellungsarbeit, Unity Consciousness | 24. März 2024

In den letzten Wochen sind so viele Dinge passiert, die bei mir eine Erinnerung an etwas Uraltes wachgekitzelt haben, verbunden mit einer Sehnsucht danach, das wieder zu leben. Eigentlich ist das Gefühl nicht ganz neu, ich habe es im Leben immer Mal wieder gefühlt. Aber anscheinend ist es jetzt Zeit, damit zu arbeiten. Es ist die Erinnerung an das, was wir Community nennen, Gemeinschaft, aber oft eigentlich nicht ganz genau sagen können, was es bedeutet oder wie man es leben soll.

Ich war vor Kurzem bei einem magischen Retreat geleitet von fünf absolut grandiosen Facilitators aus Deutschland (Antonia Stessl und Rotger Heilmeier) und den USA (Emily Blefeld, Dan Cohen und Lisa Murphy) gemeinsam mit einer internationalen Gruppe von Heilern, Aufstellern und Bewusstseinserweiterern. Was da passiert ist lässt sich schwer in Worte fassen, erfüllt mein Herz aber bis heute und wird sicher noch eine Weile nachwirken. Hier kamen 3 Generationen vom Großeltern-Alter bis zum Baby zusammen und haben einträchtig zusammen am großen Teppich des kollektiven Bewusstseins gewebt, jeder mit seinem Faden, und ungeachtet von Hintergrund und Zugehörigkeit war es eben da: das Gefühl von Gemeinschaft. Spätestens dann als das Baby auf den Knien eines der älteren Teilnehmer saß, alle irgendwo drum herum versammelt, die Eltern währenddessen ihre Impulse in die Gruppe gebend, die Altersstufen und Nationalitäten einträchtig versammelt, gemeinsam trommelnd und singend, war es so präsent und anfassbar wie ein eigenes Wesen, das seinen Platz im Raum einnimmt: das unsichtbare Netz aus Wärme und Licht, das uns alle verbindet, das Gemeinschaftsbewusstsein, das Bewusstsein von Einheit. Und ich fragte mich warum wir das nicht immer spüren können: auch wenn wir mit anderen Menschen sind, so ist dieses Gefühl nicht immer da.

Fast Forward 2 Wochen später. Prinzessin Kate der britischen Royal Family verkündet in einem unglaublich starken, gefassten aber emotionalen Video ihre Krebsdiagnose, und setzt damit einer endlosen Litanei von immer wilder werdenden Spekulationen über ihr Befinden ein Ende. Mich hat das sehr berührt, ebenso wie einige öffentliche Entschuldigungen von einigen, die die Spekulationen angeheizt oder noch Häme drübergekippt hatten. Da ist es wieder, das unsichtbare Band der Gemeinschaft, das wir theoretisch mit jedem herstellen und fühlen können, weil es einer tieferen Wahrheit entspricht.

Und doch können wir es nicht immer fühlen, aber es wird aktiviert, sobald sich unser Herz öffnet. Und es wurde mir mal wieder klar, dass wir daran arbeiten müssen, dass wir offen sind, unser Herz offen halten können (trotz alldem an Kälte und Dunkelheit da draußen was natürlich auch da ist und nicht weggehen wird) um diese Gemeinschaft mit allem Leben um uns herum nicht nur spüren, sondern auch mit jenen um uns herum leben zu können, egal ob wir sie als unsere physische Familie oder enge Freunde anerkennen können oder nicht.

Was Community verhindert...

Auf dem Retreat sind natürlich ganz viele krasse, emotionale, berührende, aufwühlende, schwierige und transformative, heilende Dinge passiert, die ein offenes Herz fast erzwungen haben – mir aber auch deutlich gemacht haben, was ein offenes Herz alles verhindern kann – so deutlich wie nie. Zwei der beiden Facilitators – Emily und Dan – ebenso wie einige der Teilnehmer kamen mit einem jüdischen Hintergrund an den Ort des Retreats in Deutschland, der selbst seine eigene bewegte Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg erzählt. Als Aufsteller, die es gewohnt sind mit den systemischen intergenerationalen Verstrickungen zu arbeiten, die alte Täter-Opfer-Dynamiken im kollektiven Bewusstsein halten, war dies den Facilitators genauso wie allen Teilnehmenden natürlich von Anfang an bewusst und die Arbeit, die während des Retreats geschah eröffnete uns allen eine einzigartige Möglichkeit, unter anderem auch Heilung in diese alten Verstrickungen zu bringen, die ein offenes Herz und echte Gemeinschaft verhindern.

Ich selbst war über die Verstrickung mit meinem eigenen Großvater, der im zweiten Weltkrieg an der russischen Front kämpfte, mit der intergenerationalen, individuellen und kollektiven deutschen Scham so konfrontiert, dass Emily – mit ihrem jüdischen Hintergrund an einem Punkt vor mir stand mit den kraftvollen Worten: „Wenn du jetzt nicht auch in deine Power (und raus aus der Scham) kommst, dann sind wir beide nicht frei.“ Noch nie habe ich so deutlich fühlen können, was es bedeutet, wenn wir in den alten Täter-Opfer-Dynamiken verhaftet bleiben: Wenn man durch die Brille von Scham und Schuld auf jemanden blickt, kann man sich nicht auf Augenhöhe begegnen. Mehr noch: das Herz schließt sich und echte Verbindung kann nicht entstehen. Und ohne Verbindung keine Community. Bleiben wir so verhaftet in den alten Täter-Opfer-Verstrickungen – egal auf welcher Seite – sind wir alle nicht frei und können uns nicht wahrhaftig als Menschen mit offenem Herzen begegnen.

Doch nicht nur diese Täter-Opfer-Dynamiken, alle Dynamiken, bei denen sich einer überlegen oder unterlegen fühlt, schließen das Herz. Die besondere Zusammensetzung von Facilitators und Teilnehmern aus UsA und Europa die sich alle auf die eine oder andere Weise auf den Weg gemacht haben ihr Bewusstsein zu erweitern und den Weg des Herzens zu gehen hat den sicheren Rahmen für Gemeinschaft halten können. Doch wie gelingt uns das, wenn der sichere Rahmen um uns fehlt? Menschen um uns herum kein Interesse an Gemeinschaft haben oder den Weg des Herzens noch nicht gefunden haben? Denken wir dann auch wir müssen uns schützen und machen das Herz wieder zu? Schlagen zurück, lassen uns von den neuesten doom-and-gloom Nachrichten ablenken oder aufwiegeln, oder drehen uns um, wenden uns ab und "denken uns unseren Teil"? Ich habe wieder erleben dürfen wie viel Arbeit wir da aktiv hereinstecken müssen, wenn wir (echte) Gemeinschaft wollen, die niemanden ausschließt. Zum Beispiel jedes Mal wenn wir uns angewidert abwenden, weil jemand anderer Meinung ist als wir, fühlen wir uns insgeheim überlegen, und verschließen uns der Gemeinschaft, schließen unser Herz. Jedes Mal, wenn wir glauben, dass wir Recht haben und der andere Unrecht und wir uns deswegen überlegen fühlen. Kennen wir garantiert alle! Jedes Mal, wenn wir die Moralkeule herausholen, uns auf der "richtigen Seite der Geschichte" wähnen, oder aber auch wenn wir uns unterlegen oder wertlos fühlen, wenn wir denken, wir hätten nichts beizutragen oder dass wir wertlos seien. Auch solche Momente hat sicher (fast) jeder schonmal gehabt. Denn auch dann macht das Herz zu. Gemeinschaft? Fehlanzeige.

Auch gestern saß ich wieder mit einem Baby auf dem Arm (das nicht meines ist) mit zwei wunderbaren Menschen (die nicht zu meiner Familie oder meinem engen Freundeskreis gehören) und da war es wieder, das Gefühl von Community, dieses unsichtbare Band. Auch wenn das Bewusstsein von Einheit (Unity Consciousness) ein spirituelles Konzept ist, an das nicht jeder glaubt oder es spüren kann - glaube ich, dass die meisten Menschen sich deshalb ganz tief nach Verbindung sehnen, weil sie sich irgendwo an dieses ganz elementare und einfache Grundprinzip erinnern können, dass wir alle miteinander verbunden sind. Und da kommt gern sofort wieder das zynische Ego rein und verdreht die Augen: "Jaja, diese Hippie Naivität. Hat mit der Realität nix zu tun." Danke, Ego. Wir wissen, dass du uns gern vor zu viel Sentimentalität oder Enttäuschungen zu schützen versuchst. Aber mit dem Totschlag-Argument des Egos (meist: Könnte wehtun!, Das wird nix! oder Könnte scheiße werden!) verhindern wir auch jegliche Bewegung auf gelebtes Gemeinschaftsbewusstsein zu. Und wäre das, was uns das Ego gern erzählt, die ultimative Wahrheit - so etwas wie meine Retreat-Erfahrung, internationales Mitgefühl für einen Royal, den die meisten von uns nie persönlich getroffen haben dürften, und eigentlich jede Herzensregung für jemanden, den wir "gar nicht kennen", würde es nicht geben. Und macht das nicht unsere Menschlichkeit aus?

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  1. "Das unsichtbare Band der Gemeinschaft" und das sich zurückerinnern daran und auch sehnen danach – fühle ich sehr, liebe Doro! Danke für das Teilen deiner Erfahrung und deiner Gedanken dazu

    Ich kenne dieses Gemeinschaftsgefühl, dass du beschreibst aus eigenen Retreat Erfahrungen sehr gut. Und gleichsam fühle ich mich etwas ertappt aber auch erinnert daran, außerhalb dieser – ich nenne sie mal "heiligen, besonderen Räume" – mein Herz auch schnell wieder (mehr) zu verschließen. Aus Angst vor Verletzungen.

    Danke für dieses erneute Anstupsen und Hinschauen

    1. Danke, liebe Lena, für’s lesen und teilen! Das ist schön, dass du dich ein bisschen wiedergefunden hast in meinem Text und für dich auch etwas mitnehmen kannst – die Angst vor Verletzungen ist natürlich auch einer der großen Herzverschließer, kenne ich nur zu gut…

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